Das Wilde in mir – Der blaue Wald (3)

Es wurde dunkel und ich dachte wieder an mein Herrchen. Janosch nahm meinen Gedanken auf und sagte nur: „Moritz ist bei ihm.“ Und ich war wieder ganz bei mir. Langsam liefen wir durch den Wald zurück. Und ich wußte nur, in diesen Wald möchte ich bald wieder zurückkehren. (Ende Teil 2)

Als Janosch und ich wieder am Försterhaus angekommen waren, stand niemand mehr draußen. Wir hörten Gelächter aus dem Forsthaus, das jetzt hell erleuchtet war. Janosch ging die Treppe hoch und stieß die angelehnte Türe auf. Wir betraten das gemütliche Forsthaus, das innen mit Holz verkleidet war und danach duftete. Wir fanden mein Herrchen und Moritz in der Küche, die von leckeren Essensgeruch erfüllt war. Erstaunt nahm ich einen lächelnden Stefan war, der lebhaft mit Moritz plauderte.

Janosch eilte zu seinem Napf mit Hundefutter. Ich folgte ihm. Neben seinem stand ein Zweiter. Die kurze Unsicherheit, ob das für mich war, verflog als Janosch mich anschaute. Ich wußte nicht, was das war, aber es roch köstlich. Und gemeinsam fraßen wir alles leer. Als sich mein neuer Freund auf dem Boden legte und die Augen schloß, machte ich es ihm gleich und legte mich neben ihn.

Kurz später, wir waren schon am Eindösen, sprach mein Herrchen mit an. „Wir gehen Benni !“ Ich stand unwillig auf. Als Stefan mir die Hundeleine anlegte reagierte ich nicht auf den ersten Zug. Moritz, der mich beobachtete, fing an zu lachen und sagte: „Benni, wir sehen uns morgen wieder !“ Ich schaute mein Herrchen an und plötzlich fing mein Schwanz wild an zu wedeln, ich konnte ihn nicht mehr kontrollieren. Die zwei Menschen verabschiedeten sich voneinander und ich nutzte den Moment um Janosch zu beschnüffeln und seinen Geruch in mir aufzunehmen. Mit lautem Gebell trennten wir uns und Janosch fügte noch hinzu: „Bis nachher !“ Das verstand ich nicht. Vielleicht meinte er bis morgen.

Wir liefen langsam nach Hause. Mein Herrchen machte einen sehr entspannten Eindruck und sagte plötzlich: „Benni, auch bei mir war es heute sehr schön !“ „Ich war die letzten Monate zuviel allein.“ „Dann schwieg er wieder. Daheim warf ich mich gleich in meinen Korb und spürte noch Stefans Hände auf meinen Körper, die mich in den Schlaf streichelten.

Als ich meine Augen wieder öffnete, war ich im Wald. Beim Försterhaus. Moment, ich war doch schlafen gegangen ! Ich schaute mich um und alles sah so aus, wie vorher als ich mit Janosch durch den Wald stromerte. Und es war hell, die Sonne scheinte. Plötzlich warf mich etwas um und ich fand mich auf dem Boden wieder. Eine feuchte Zunge leckte mich ab.

„Da bist du ja endlich !“ „Das hat aber lange gedauert, bis du eingeschlafen bist, begrüßte mich Janosch stürmisch. Ich schaute ihn fragend an und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Doch mein Freund kam mir zuvor: „Ja, du träumst ! „Aber das hier“, er schaute umher, „fühlt sich echt an, riecht echt und ist noch spannender als der andere Wald !“ „Komm mit, ich will dir etwas zeigen“, schnell war ich wieder auf den Pfoten und wir liefen den gleichen Weg entlang wie beim ersten Mal.

Plötzlich bemerkte ich den Unterschied und blieb stehen. Obwohl es im Traum Tag war, war der Wald in ein sanft blaues Licht getaucht. Und meine Sinne enorm geschärft. Ein Vogelkonzert durchwob den Wald. Die Blätter schienen sich rhytmisch mitzubewegen und flatterten wie im Wind. Mir fiel eine Amsel auf, die auf einem unterem Zweig einer Eiche saß. In dem Moment, als ich meine Aufmerksamkeit auf sie lenkte, trat ihr Zwitschern in den Vordergrund und ich nahm das Vogelkonzert nur noch gedämpft war. Ich konnte jeden Vogel einzeln singen hören. Ich mußte nur mein Bewußtsein darauf lenken !

Als ich auf den Boden schaute stellte ich fest, daß ich inmitten einer Ameisenstraße getraten war. Anstatt über um meine Pfoten herum zu laufen, blieb die Ameisenkolonne stehen. Ich schaute sie an und schien durch eine Lupe zu sehen. Ein Ausschnitt davon war vergrößert und ich bemerkte wie die Ameisen zu mir hoch schauten und geduldig warteten. Ich war von dem Anblick fasziniert und konnte sie bis ins kleinste Detail erkennen. Schnell trat ich aus dem Weg. Und ein Gefühl des Dankes kam bei mir an. Und dann hörte ich sie weiter marschieren.

Janosch hatte auf mich gewartet und gemeinsam liefen wir tiefer in den Wald. Bis plötzlich ein hell aufglimmender Bogen vor uns aufflammte. Und ein gleisendes Licht uns blendete. Ich senkte meinen Kopf zu Boden. Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten nahm ich ein Tor aus flimmernden Licht wahr. Ich schaute durch das Lichttor und konnte schemenhaft etwas dahinter erkennen.

Es war wie ein Raum im Raum oder besser gesagt ein Wald in einem Wald. Ich versenkte meinen Blick in diesen Wald und schaute tiefer hinein. Ich sah vierbeinige Tiere. Sie sahen uns Hunden ähnlich. Sie waren größer als Janosch und ich. Ihr Fell schien rauborstiger und nicht wie meines tagtäglich gebürstet zu werden. Eine ursprünglich wilde Energie kam bei uns, die uns neugierig empfing.

Nun fing mir das Wort für die Tiere wieder ein. Mein Herrchen hatte sie als meine Vorfahren bezeichnet. Er nannte sie Wölfe. Ich sah einige davon auf einer Lichtung. Sie schauten zu uns. Einer von Ihnen, wohl der Leitwolf, kam dem Tor näher. Er blieb vor dem Tor stehen und rief zu Janosch: „Ihr seid willkommen !“ Fragend schaute ich meinen Freund an. Unsere Gefühlswelten verschmolzen miteinander und ich sah innere Bilder, wie er mit den Wölfen, mit denen er sich wie mit einer Sippe verbunden fühlte, durch den Wald tobte. Als er durch das Lichttor sprang, folgte ich ihm ohne zu zögern.

© Elli (Elke Strohmaier)

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Bildquelle: pixabay

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