Friedolf saß auf einem Lieblingsstein, am Rande seines Heimatteichs. Er war tief in sich versunken. In ihm war kein übliches Froschbewusstsein zu Hause. Schon als kleiner Frosch hatte er diese Momente des Innehaltens, in denen er, das Alltagsgeschehen ausblendend, in sich ging. Und aufsteigenden Fragen auf den Grund ging. Er hatte, Frosch sei Dank, eine geduldige Mutter an seiner Seite. Die ihn behutsam wieder aus diesem Zustand weckte und ihr Vorhaben, ihm z.B. das Fangen von Mücken beizubringen, vollendete.
In diesen Zuständen sah er innere Bilder. Bei denen er im Nachhinein rätselte, was sie wohl bedeuteten. War er nun diese Gestalt, die er sah, in einem früheren Froschleben gewesen ? Das Leben als Frosch konnte so schnell enden. Und plumps landete man in einem neuen Froschlaib. Davon war er überzeugt, daß es nicht nur dieses Leben gab.
Einmal träumte Friedolf sogar des Nachts davon, daß er der berühmte Frosch gewesen war, den die Prinzessin durch einen Kuss zum Prinzen zurückverwandelte. Aber das war doch nur ein Märchen gewesen, oder ? Irgendwie war er sich dessen aber nicht absolut sicher. Als er erwachte, hatte er den Kuss immer noch auf seinem Froschmaul gespürt.
Immer wieder bekam er durch Georg seinem Cousin, der in einem Stadtteich in Unkenhausen wohnte, Einblicke in die Welt der Menschen. Hier schien das Gesetz der Verschleierung und Unwahrheit zu herrschen. Der feinfühlige Georg erzählte, daß Märchen mehr Wahrheit enthalten würden, als in diesen Unkenblättern stand. Es schien ein Fluch über die Menschenwelt ausgesprochen. Vermutlich schon seit langer Zeit. So offensichtliches, das schlecht verborgen in diesen Blättern verkündet wurde, schenkten die Menschen Glauben. Und verloren ihre göttliche Anbindung und auch Verbindung zur Natur immer mehr. Sie wohnten oft in Steinklötzen in der sogenannten „Stadt“ und waren ganz vernarrt in dieses Gerät namens „Handy“. Aber Georg hatte auch gehört, daß immer mehr Menschen aufwachen würden. Ähnlich wie im Märchen „Dornröschen“. Das schien hoffnungsvoll zu sein.
Friedolf war froh so weit weg von dieser Welt zu leben. Plötzlich verspürte er den Impuls ins kühle Wasser zu springen. Auf seinen Instinkt war Verlaß, denn fast im gleichen Moment, als er sprang, hackte ein Storchenschnabel auf den Stein, auf dem er kurz zuvor noch saß. Nun plumpste dieser ins Wasser und „löste“ eine zweite kreisförmige Welle aus, die er von unten bewunderte. Er schwamm zu seinem Versteck unter Wasser, eine unterirdische Höhle, in der ihn der Storch niemals erreichen würde. Außerdem war genügend Sauerstoff im Wasser. Da er, wie die anderen Frösche über seine Haut atmen konnte, war er hier in der Lage lange auszuharren.
Unter Wasser stiegen weitere Fragen in ihm auf. Gab es auch bei ihm, dem Frosch, einen göttlichen Urfunken, wie beim Menschen ? Hatte er eine unsterbliche Seele ? Vielleicht hatte er sogar schon einmal diese außergewöhnlichen Körperform des Menschen bewohnt ?
Er spürte, daß er hier, am Heimatteich seiner Vorfahren, keine Antworten darauf erhalten würde. Und während er in der unterirdischen Höhle saß, stieg plötzlich eine Idee in ihm auf ! Er, Friedolf, der Frosch, würde den Jakobsweg beschreiten ! Auf dieser Reise würde er bestimmt all die Antworten auf seine Fragen erhalten …
Fortsetzung folgt !
© Elli (Elke Strohmaier)
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